Auftreten und Prophylaxe von Synkinesien bei Facialisparese


Ein sehr häufiges Problem, das sich bei der Wiedererlangung der Bewegungsfähigkeit nach einer Gesichtslähmung manifestiert, ist die sogenannte Synkinesie. Das bedeutet, dass sich zum Beispiel beim aktiven Lächeln oder Kauen das Auge unwillkürlich mit schließt. Dies entsteht dadurch, dass es zum Beispiel nach einer Nerven Operation zu einem "mal-adapativen Sprouting" kommt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass kleinere Anteile des Nerves in andere Gebiete des Gesichtes gewachsen sind. So wurde also eine Art "Nervenverzweigung" beispielsweise zum Auge hin gebildet, die immer parallel mit aktiviert wird, wenn sich der Hauptast des Nerves zum Beispiel der Mund zum Lächeln aktiviert. Vergleichbar mit dem Bild eines Kabels, bei dem die Einzeldrähte in verschiedene Richtungen zeigen. Dies geschieht z.B. wenn das Axon eines Nerves verletzt wurde. Denn das kann dazu führen, dass bei der anschließenden "Reparatur" des Nerves, dieser in verschiedene Richtungen gleichzeitig zu sprießen. Also z.B. eine Faser zum Augen und eine andere zum Mund. Das stellt dann die neuronale Basis für die "Mitbewegung" in einem Gesichtsbereich, der eigentlich nicht muskulär angesteuert werden wollte.

 

Voraussetzung dafür ist, dass der sensible Kern des Nervs zum Beispiel durch eine Operation beschädigt wurde. Mit anderen Worten bei einer "idiopathischen" Facialisparese basiert das Phänomen der Synkinesien eher auf einer Fehlkonditionierung des Gehirnes beim (häufig viel zu kraftvollen) Wiedererlernen der Mimik.

Sprich man kann eher davon ausgegangen werden, dass es zu KEINER unerwünschten Nervenverzweigung kam, was die Behandlungsmöglichkeiten positiv beeinflusst.


Prophylaxe von Synkinesien

Natürlich sollte von Anfang der Behandlung an vom Therapeuten und dem Betroffenen selber schon darauf geachtet werden, dass muskuläre Aktivitäten des Gesichtes vermieden werden, die zu beginnenden Synkinesien führen.

Auch bestimmte Hobbies, wie zum Beispiel Kraftsport an Geräten oder andere muskulär sehr stark belastende Aktivitäten, die zwar das Gesicht an sich nicht direkt betreffen, können jedoch zu diesen unerwünschten Nebeneffekten führen.

 

Betroffenen rate ich, nicht nur innerhalb der therapeutischen Übungen, sondern in ihrem gesamten Alltag darauf zu achten, welche Aktivitäten ein ungleiches Gefühl beider Gesichtshälften hervorrufen und diese vorübergehend möglichst auf ein Minimum zu reduzieren. Denn die gefühlte Ungleichheit bedeutet in den meisten Fällen auch, dass eine muskuläre Dysbalance entstanden ist. Diese muss unter Umständen von außen noch nicht einmal sichtbar werden. Gleichwohl sollte der Betroffene seinem inneren Gefühl vertrauen, weil es wesentlich umfassender als der reine Blick von außen ist. Denn auf dem Nährboden eines muskulären Ungleichgewichtes "wachsen und gedeihen" Synkinesien besonders gut und schnell.

 

Sollten sich bereits Synkinesien bei Ihnen ausgebildet haben, besteht je nach Ausmaß und Gesamttherapiekontext des Einzelnen weiterhin die Möglichkeit, das zentrale Nervensystem einzusetzen, um diese fehlgesteuerten Kontraktionen wieder zu ver-lernen. Selbst nach einer Schädigung des Axons zum Beispiel durch eine Operation, kommt ebenfalls der Prozess der "Fehl-Konditionierung" noch hinzu. Und genau dort setzt die Behandllung an, also diese Fehlverschaltung nicht oder kaum noch zu benutzen. Um das möglich zu machen, bedarf es eines kontinuierlichen und konsequenten therapeutischen Lernprozesses, einer "De-Konditionierung" kann man sagen, die der Betroffene auch in seinen Alltag integrieren  sollte.

 

Wie das grundsätzliche therapeutische Vorgehen dabei ist, finden Sie ganz unten auf der folgenden Seite hier: